Back to normal - exploring Hanoi


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Nach beinahe zwei Monaten in Vietnam muss ich mich von Zeit zu Zeit immer noch kneifen um mir sicher zu sein, dass ich tatsächlich hier bin. Doch die subtropischen Temperaturen von um die 30° im März lassen einen diese Zweifel schnell wieder vergessen. Seit meinem letzten Post haben sich die Umstände wesentlich zum Besseren gewandelt, alle Zeichen stehen auf Öffnung und die Wiederaufnahme des „normalen“ Lebens.

Endlich durften die Schüler wieder zurück an die Schule kommen, endlich ist das Gefühl der letzten Wochen in einer Geisterschule zu wohnen Geschichte. Und wieder einmal bestätigte sich für mich, dass wir in Zeiten wie diesen zwar sehr dankbar für Zoom und co. sein können, sich aber echte Begegnungen und Gespräche dadurch keineswegs ersetzen lassen. Unterrichten im Klassenraum macht um ein Vielfaches mehr Spaß und ich freue mich sehr darauf meine Schüler besser kennenzulernen. Auch wenn die Schüchternheit teils noch groß ist, lässt sie sich so viel einfacher überwinden, wenn man einander in die Augen schauen kann.

Unsere Schule bei Nacht

Ein weiterer Schritt Richtung Normalität war für uns die erste Reise außerhalb der Provinzgrenzen von Vĩnh Phúc. Gemeinsam mit Mia ging es in die etwa 50 km entfernte Hauptstadt Hà Nội. Die Fahrt dorthin war an sich schon ein kleines Abenteuer, denn der vietnamesische Verkehr sieht für das deutsche Auge oft eher aus wie ein Fast & Furious Film, als geregelter Straßenverkehr. Für unseren geübten Fahrer war das natürlich kein Problem, für uns hieß es da tief durchatmen und mitfließen.

Obwohl ich Hà Nội bereits in 2019 besucht hatte, war das Gewusel der 8 Millionen Stadt doch erstmal wieder überwältigend, vor allem im Vergleich zu unserer relativ ruhigen temporären Heimat Vĩnh Yên. Wo man nur hinschaut stehen und fahren Motorroller, von denen es hier beinahe 6 Millionen gibt. Auch in der Architektur drückt sich die enorme Bevölkerungsgröße aus, es gibt scheinbar unendlich viele schmale Gassen mit ebenso schmalen, aber hoch gebauten Häusern zu beiden Seiten.

Unsere Unterkunft für das Wochenende war ein kleines Hostel im Old Quarter, nahe phố Tạ Hiện, der sogenannten „Bierstraße“. Der Name kommt nicht von ungefähr, hier reiht sich eine Bar an die nächste, und nach Einbruch des Abends ist die Straße voll mit den für Vietnam typischen kleinen Plastikhöckern und Tischen, an denen man bei einem kühlen (und vergleichsweise extrem günstigen!) Bier Hanois Nachtleben genießen kann. Zu unserem großen Glück war das Wochenende unseres Trips auch genau das Erste, an dem dies wieder erlaubt war, das musste natürlich ausgenutzt werden!

Ein weiteres Zeichen der Normalisierung ist natürlich die Öffnung des Tourismus seit dem 15. März, und so sah man auch die ersten Touristen durch die Straßen Hanois schlendern, auch wenn es noch kein Vergleich zu Vor-Pandemie Zeiten war. Für uns war das natürlich nicht schlecht, so konnten wir Hanois Sehenswürdigkeiten ohne zu großes Gedränge erkunden. Trotzdem bleibt es natürlich zu wünschen, dass die Tourismusindustrie wieder gut anläuft, denn ein großer Teil der vietnamesischen Wirtschaft ist darauf angewiesen.

Am ersten Abend gab es für mich ein lang erwartetes Wiedersehen mit Thiep, der bei meinem letzten Besuch in Vietnam 2019 der Tourguide meiner Reisegruppe war und definitiv eine Mitschuld an meiner Faszination für dieses Land trägt. Über ein paar Bia Hà Nội und Tiger Beer ließ es sich fantastisch in Erinnerungen schwelgen. Er erzählte mir auch von seinem neu eröffneten Shop, in dem er mit seiner Familie handgefertigte Produkte der ethnischen H’Mong Minderheit aus dem Nordwesten Vietnams verkauft, eine wirklich tolle Sache, die Unterstützung verdient. Falls es dich nach Hanoi verschlägt, die Adresse ist 17 P. Lý Quốc Sư.



Spät in der Nacht gab es das zweite große Wiedersehen, denn die anderen fünf deutschen Freiwilligen Gia Linh, Klara, Ben, Börge und Mats, die wir seit unserer Ankunft in Vietnam noch nicht wiedergesehen hatten, kamen nach einer langen Fahrt aus der nördlichen Provinz Lào Cai endlich an. Es gibt viel zu erzählen über die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen unseren Einsatzorten in Sachen Unterrichtsalltag und täglichem Leben, bei Interesse kann ich nur wärmstens Bens Blog empfehlen.

Zusammen erkundeten wir einige der vielen Sehenswürdigkeiten Hanois, angefangen mit dem Hoàn Kiếm See, oder übersetzt dem „See des zurückgegebenen Schwerts“. Der Legende nach nutze Kaiser Lê Lợi 1428 das magische Schwert von Long Vương, dem Drachenkönig, um das Kaiserreich Ming China aus Vietnam zu vertreiben. Kurz darauf wurde er bei einer Bootsfahrt auf dem See von Kim Quy, einem goldenen Schildkrötengott, darum gebeten das Schwert nach erfüllter Aufgabe wieder zurückzugeben. Und so sollte der See fortan als Hồ Hoàn Kiếm, oder auch Hồ Gươm („Schwert See“), bekannt werden. In der Mitte des Sees liegt Tháp Rùa, der Schildkrötenturm, der an diese Legende erinnert.

Nahe dem Nordufer des Sees kann man den Ngọc Sơn Tempel („Tempel des Jadebergs“) besuchen, der auf einer kleinen, durch eine Brücke mit dem Ufer verbundenen Insel steht. Der Tempel ehrt den Nationalhelden Trần Hưng Đạo, der Vietnam im 13. Jahrhundert gegen Invasionen der Mongolen verteidigte, sowie konfuzianische und taoistische Philosophen. All dies gibt Hanois Innenstadt eine wirklich einzigartige Atmosphäre.




Etwa zwei Kilometer westlich liegt der berühmte Literaturtempel, der trotz des Namens niemals für religiöse Zwecke genutzt wurde. Stattdessen war dieser 1070 erbaute Komplex die erste Akademie Vietnams. Wir hoffen, dass die über Jahrhunderte hier gesammelte Weisheit etwas auf uns abgefärbt hat.



Weiter ging es zum Hồ Chí Minh Mausoleum, der letzten Ruhestätte des vietnamesischen Revolutionsführers und Präsidenten Hồ Chí Minh. Leider konnten wir es diesmal nur von außen bewundern, da wir es versäumt hatten die Öffnungszeiten zu recherchieren – ein Grund mehr, Hanoi bald wieder zu besuchen!

Die letzte Station war Hồ Tây, der Westsee. Auch die dort gelegene Trấn Quốc Pagode, der älteste buddhistische Tempel in Hanoi, war leider bereits geschlossen und so ließen wir den Nachmittag bei Kaffee und Kuchen ausklingen und schonten unsere mittlerweile schmerzenden Füße.

Nach einem ausgiebigen bún chả Frühstück (das Essen hat definitiv noch einen Post für sich verdient, kommt hoffentlich bald) und zwei fantastischen Tagen in Hanoi, hieß es leider schon wieder Abschied nehmen. Danke für den tollen Trip an meine Mitfreiwilligen, ich hoffe wir können euch bald in Lào Cai besuchen kommen. Und bis bald Hanoi, es wird nicht lange dauern bis wir uns wiedersehen!

Wie immer ganz lieben Dank für dein Interesse, falls du es bis hierhin geschafft hast. Mit der Öffnung des Landes und dem Fallen vieler Beschränkungen werde ich sicherlich in den nächsten Monaten viel erleben und auch weiterhin viel zu berichten haben, also schau gerne wieder rein.

Bis dahin, tạm biệt và hẹn gặp lại nhé!

----English version----

After nearly two months in Vietnam, I still need to pinch myself from time to time to be sure that I’m really here, although the subtropical temperatures of around 30° quickly put an end to those doubts. Since my last post the circumstances here have improved dramatically, all signs point to reopening and going back to “normal” life. 

Finally, the students were allowed to come back to school, finally the feeling of living in a ghost school are history. Once again it was blatantly obvious that, while we can and should be grateful for having Zoom and the likes during this time, real conversations cannot be substituted. Teaching in the classroom is way more fun and I’m very much looking forward to getting to know my students better. Even though many are still quite shy, this is much easier to overcome when you can look each other in the eyes.

Our school by night

Another step towards normality for us has been our first trip outside of the province of Vĩnh Phúc. Together with Mia I traveled to the capitol Hà Nội, roughly 50 km from our school. The drive itself was quite an adventure, as the Vietnamese traffic looks more like a Fast & Furious movie than orderly traffic to a German observer. Luckily that was no problem for our experienced driver, but we needed to take some deep breaths to go with the flow.

Although I already visited Hanoi in 2019, the bustling of 8 million people in this city was overwhelming at first, especially when compared with our rather quiet temporary home Vĩnh Yên. Wherever you look there are motorbikes driving or standing, in total there are nearly 6 million in Hanoi. The architecture is an expression of the enormous population of this city too, there are so many narrow alleys with equally narrow, but high-rising houses to both sides.

Our accommodation for the weekend was a small hostel in the Old Quarter near phố Tạ Hiện, the so-called “beer street”. It is exactly what you would expect from the name, along this street there is one bar after the next. As the day nears its end the shop owners bust out the typical small plastic stools and tables, from which you can enjoy Hanoi’s nightlife with a cold (and rather cheap!) beer. We were very lucky to have arrived on the very first weekend of bars being reopened, so of course we had to take advantage of that!

Another sign of going back to normal is the opening of tourism since March 15th, so you could see the occasional tourist in the streets of Hanoi, although it was not nearly as busy as before the pandemic. While this was a welcome sight to us, as we had the sights of Hanoi nearly to ourselves, it would be nice for the tourism industry to pick back up again, as a large portion of the Vietnamese economy is depending on it. 

On the first evening I had a long-awaited reunion with Thiep, who was my tour guide during my last trip to Vietnam in 2019 and definitely has to take a share of the blame for me being so fascinated with this country. It’s fantastic to catch up and revel in memories over a few Bia Hà Nội und Tiger Beer. He also told me about his newly opened shop, where he and his family sell handmade products of the ethnic H’Mong minority from the northwest of Vietnam, a truly great cause deserving of support. If you come to Hanoi, the address is 17 P. Lý Quốc Sư.

Late in the night we had our second big reunion. The other five German volunteers Gia Linh, Klara, Ben, Börge and Mats, who we didn’t have a chance to see since our arrival in Vietnam, finally arrived after a long drive from the northern province of Lào Cai. There was much to share about the differences and similarities between our locations, regarding both teaching and daily life. If you are interested, I can highly recommend Ben’s blog.

Together we explored some of the sights of Hanoi, starting with Hồ Hoàn Kiếm, which translates to “lake of the returned sword”. Legend has it that in 1428 the emperor Lê Lợi used the magic sword of Long Vương, the dragon king, to defeat the Ming China empire. Shortly after, while on a boat trip on the lake, he was approached by Kim Quy, a golden turtle god, to return the sword to its owner, since his task was done. From then on, the lake was known as Hồ Hoàn Kiếm, or also Hồ Gươm (“sword lake”). In the middle of the lake lies Tháp Rùa, the turtle tower, which reminds of this legend.

Near the northern shore of the lake, you can visit Ngọc Sơn temple (“temple of the jade mountain”), which is located on a small island and connected to the shore by a bridge. The temple was built to honor the national hero Trần Hưng Đạo, who defended Vietnam against Mongol invasions in the 13th century, as well as Confucian and Taoist philosophers. All of this gives Hanoi its truly one-of-a-kind atmosphere.




Approximately two kilometers to the west there is the famous temple of literature, which, despite its name, was never used for a religious purpose. Instead, the complex built in 1070 was the first academy of Vietnam. We hope some of the wisdom acquired here over centuries has rubbed off on us.



Moving along we went to visit the Hồ Chí Minh Mausoleum, the finaly resting place of Vietnamese revolutionary leader and president Hồ Chí Minh. Unfortunately, we could only admire it from afar, as we failed to check the opening hours prior to departing – one more reason to quickly come back to Hanoi!

Lastly, we visited Hồ Tây, the west lake. Trấn Quốc pagoda, the oldest buddhist temple in Hanoi, which is located in the west lake, was also already closed, so we decided to finish our busy day with coffee and cake and rested our aching feet. 

After an opulent bún chả breakfast (the food deserves its own post, coming soon) and two amazing days in Hanoi we had to say goodbye already. Thank you to my fellow volunteers for this amazing trip, I hope we can visit you soon in Lào Cai. Farewell Hanoi, it won’t be soon until we meet again!

As always thank you so much for your interest if you made it this far. With the country opening and the end of many restrictions I will surely experience much in the coming months and will have plenty to report to you, so stay tuned.

So long, tạm biệt và hẹn gặp lại nhé!

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